| Mailand: Max | ||
| Ich - und natürlich ich, denn der Esel nennt sich immer selbst zuerst -  bin nicht das einzige praktikantierende Wesen in unserer Abteilung. Max  heisst mein männliches Praktikantenäquivalent und er praktikantiert  nicht nur, er diplomiert sogar. Das macht ihn natürlich ungemein  wichtiger als mich, was er allerDings gar nicht mehr nötig hat, denn Max
ist bereits von Natur aus ungemein wichtig. Ein guter Geist hat ihm die  wiwiwichtigste aller Eigenschaften die ein zukünftiger Consultant  brauchen kann, in die Wiege gelegt: das Sendungsbewusstsein, alles besser  zu wissen und die ganze Welt daran teilhaben lassen zu wollen. Das ist  wahre Großmut.  Das nötige Handwerkszeug hängte besager guter Geist in einem kleinen  Säckchen aus reinstem Armani-Zwirn an die Wiege, wo es leise klappernd
mitschaukelte, bis Klein-Max endlich davon Gebrauch machen konnte. Es  enthielt die Fähigkeiten, in aufgesetzt fröhliche Zustände zu  verfallen, abgedroschene Geschäftswitze zu machen und im richtigen Moment  die Fortbewegung auf ein Kriechen zu beschränken - ich möchte wetten,  der Spalt unter der Tür des Abteilungsleiters wäre mehr als hoch genug. In solchen Fällen steht ihm auch die Geduld zur Seite - er spielt brav mit seinem Laptop bis der Chef aus der Besprechung kommt, auch wenn es schon spät ist und er allein zurückbleiben muss. Ich, unwertes, ehrgeizloses Praktikantenleben, bin schon lange daheim. Die einzige Gabe, die ich noch zu besitzen scheine, wenn ich in seinen Bannkreis trete, ist die Fähigkeit zu schweigen und ich bin mir selbst dafür unendlich dankbar. Warum sollte ich mich mit ihm streiten? Viel zu anstrengend, ich schweige, lächele oder wechsele das Thema. Er weiht mich
in die Grossartigkeiten seines FH-Studiums in München ein, erzählt  bildzeitungsreife Anekdoten aus der münchener Schickeria oder verbreitet  Gedankengut aus der wundersamen Welt der Wiwis. Ein bemerkenswertes Volk, das der Kurzsichtigkeit, dem dogmatischen Denken und hässlichen  Sonnenbrillen huldigt. Wenn Max die seinige aufsetzt - ein äusserst
berechenbarer Zustand, der sofort eintritt, sobald Max das schützende  Bosch-Gebäude verlässt und es draussen nicht regnet - tut man gut daran, den Blick abzuwenden. Die Sonnenbrille tilgt die letzten menschlichen Züge aus seinem Gesicht, bei Max' Ähnlichkeit mit Alf sind es derer allerDings auch nicht viele. Er ist zugegebenermaßen nicht so stark behaart (und  wenn doch, dann verbrirgt er es gut unter dem immer korrekt dunklen Anzug  mit annerkennungspflichtig selbstgebügeltem wahlweise blauem oder weissem  Hemd), aber deftige bayerische Kost hat seinem Körper die massige  Schweinchenform gegeben, eine unbarmherzige Natur ihm lediglich den  Rüssel erspart. Auch die Ohren sind kleiner und das ist gut so, sonst würde er vielleicht sein kleines Handy darin verlieren. Das neue  Extrakleine hat sein Hund leider zerbissen, schade, aber zum Glück hatte  er das alte noch nicht verkauft, denn natürlich kann er ohne nicht leben.  
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